Interview

Neue Perspektiven für die Schulführung

Am Leadership Forum «Regie Führung» bringen drei Expertinnen und Experten aus Film und Theater völlig neue Perspektiven in die Schulführung ein. Bettina Oberli, Regisseurin von «Die Herbstzeitlosen» und «Tannöd», Annette Windlin, Theaterpädagogin und Regisseurin, sowie Michael Koch, Regisseur von «Drii Winter», geben einen ersten kleinen Einblick, was die Teilnehmenden erwartet.

Was hat Sie dazu inspiriert, am diesjährigen Forum teilzunehmen?

Oberli: Ich habe eine Ausbildung als Lehrerin, war aber nie im Schuldienst tätig. Aus der Ausbildung konnte ich jedoch viele wichtige Erkenntnisse für meine heutige Arbeit mitnehmen, so im Bereich Psychologie und Didaktik. Die Leitung und Anleitung von Menschen verbindet beide Berufe - sei es in der Schulleitung oder in der Regiearbeit.

Windlin: Letztes Jahr war ich als Teilnehmerin dabei und fand die Verknüpfung mit einem anderen Berufsfeld sehr interessant. Das Forum bietet einen inspirierenden Einblick in eine andere Arbeitswelt und das diesjährige Thema des Forums passt perfekt zu meiner Expertise und der Pädagogischen Hochschule Schwyz.

Welche Erfahrungen aus Ihrer Arbeit könnten auch für Schulleitende relevant sein?

Oberli: Ein funktionierendes Team ist unerlässlich und Filmemachen ist extreme Teamarbeit. Meine Aufgabe ist es, Fachkräfte zusammenzustellen, ein Feuer bei ihnen zu entfachen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Wir, ob Film oder Schule, haben mit Menschen tun und tragen eine grosse Verantwortung - nicht nur für das Ergebnis, sondern für alle Beteiligten.

Windlin: Ich möchte keine Ratschläge verteilen, aber ich kann aus meiner eigenen Erfahrung als Leiterin sprechen. Verantwortung zu übernehmen, die Zusammenarbeit zu fördern und die Fäden zusammenzuführen, sind zentrale Aufgaben. Es ist wichtig, sich zu fragen, welches Menschenbild man hat und wie man Mitarbeitende so einsetzt, dass sie Höchstleistungen erbringen und dabei motiviert und glücklich bleiben.

Koch: Ich denke, sowohl Schulleitende wie auch Regieführende sind immer nur so gut, wie ihr Team. Ein Film gelingt nicht ohne überzeugende Darstellende und Teammitglieder. Es gilt, das Potenzial der Mitarbeitenden zu erkennen und ihre einzigartigen Fähigkeiten zu nutzen, um ein überzeugendes Ergebnis zu erzielen.

Welche konkreten Herausforderungen und Chancen sehen Sie aktuell für Schulleitende?

Oberli: Ich weiss durch persönliche Kontakte, dass Budgetbeschränkungen und administrative Aufgaben einen beträchtlichen Teil der Zeit in Anspruch nehmen und zu Frustration führen können. Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern wird als herausfordernd beschrieben.

Windlin: Als jemand, der häufig mit Schulleitungen und Schulteams zusammenarbeitet, sehe ich eine Vielzahl von Herausforderungen. Der Lehrkräftemangel ist akut spürbar, viele fühlen sich überarbeitet. Die Balance zwischen den Anliegen der Eltern und den Lehrkräften zu halten, erfordert ebenso viel Fingerspitzengefühl wie den unterschiedlichen Persönlichkeiten im Team gerecht zu werden. Persönlich glaube ich, dass die Kommunikation eine der grössten Herausforderungen ist. Eine offene und effektive Kommunikation ist für eine erfolgreiche Führung unerlässlich.

Koch: Gute Lehrkräfte zu finden, ist heutzutage sicher nicht einfach. Daher glaube ich, dass das Umfeld so gestaltet werden sollte, dass die Lehrkräfte ihr volles Potenzial entfalten können und sich mit Leidenschaft einbringen.

Gibt es Techniken aus der Welt des Films/des Theaters, die Schulleitungen in ihrer Arbeit unterstützen können?

Windlin: In meiner Arbeit nutze ich oft Teambildungstechniken, die eine lustvolle Interaktion ermöglichen. Der Spass und die besondere Form des Austauschs haben einen grossen Wert für die Teambildung, auch für Schulleitungen. Zudem gibt es Techniken, um mit Lampenfieber oder Nervosität umzugehen, die sowohl bei Auftritten als auch bei anspruchsvollen Gesprächen hilfreich sein können.

Koch: Die Fähigkeit, offen für andere zu sein und gleichzeitig die eigene Vision klar und verständlich zu kommunizieren, ist eine Fertigkeit, die mir in meiner Arbeit als Regisseur ständig begegnet. Dieser Aspekt ist sicher auch für Schulleitungen von grosser Bedeutung.

Welche Mittel werden Sie einsetzen, damit die Teilnehmenden sich selbst als «Regisseure» ihrer Schule zu sehen?

Windlin: Ich möchte noch nicht zu viel vorwegnehmen, aber das Bewusstwerden der eigenen Rolle wird ein zentrales Thema sein. Zudem werde ich anhand von praktischen Beispielen aus meiner eigenen Erfahrung verdeutlichen, wie entscheidend der Erfolg eines Projekts von einem gut funktionierenden Team abhängt.

Koch: Ich werde den Prozess von der ersten Idee bis zum fertigen Film darstellen und dabei besonders darauf eingehen, wie ich die Darstellenden und ihre Persönlichkeiten von Anfang an in den Entwicklungsprozess einbinde.

Was werden die Teilnehmenden aus dem Workshop mitnehmen können?

Windlin: Im Idealfall die Erkenntnis, dass Leidenschaft ein entscheidender Faktor ist. Ich persönlich investiere viel Zeit und Energie in meine Arbeit, aber ich mache sie mit Herzblut. Wenn diese Leidenschaft auch noch Anerkennung erhält, strahlt das nach aussen und kann dazu beitragen, einem Burnout vorzubeugen.

Koch: Ich hoffe, dass die Teilnehmenden Inspiration mitnehmen, wie sie ihre Mitarbeitenden motivieren können, sich einzubringen und ihre Fähigkeiten und Eigenheiten als positives Potenzial zu erkennen.

Warum sollte man das Forum nicht verpassen?

Oberli: Von einem Austausch profitiert man immer und von einem Austausch mit anderen Berufswelten umso mehr. Es erweitert gegenseitig den Horizont und bietet die Chance, neue Perspektiven kennenzulernen.

Windlin: Es ist eine seltene Gelegenheit, mit einem Berufsfeld in Kontakt zu kommen, zu dem sonst weniger Verbindungen bestehen. Dabei kann man hilfreiche Inspirationen für die eigene Arbeit mitnehmen - weg von Theorie und Kopflastigkeit, hin zu einem sinnlichen Erlebnis.

Kurzbio

  • Bettina Oberli, Regisseurin von «Die Herbstzeitlosen» und «Tannöd», ist aktuell mit der letzten SRF-Staffel «Neumatt» beschäftigt und freut sich auf ihre neue Miniserie in Antwerpen.
  • Annette Windlin, Schauspielerin und Regisseurin, ist für die PH Schwyz als Theaterpädagogin und Dozentin tätig, tourt derzeit mit ihrem Solo «Besuch der alten Dame» durch die Schweiz und bereitet die Tellspiele in Altdorf vor.
  • Michael Koch gewann für seinen Film «Drii Winter» den Schweizer Filmpreis 2023 und war offizieller Kandidat für den Oscar 2023.  Aktuell arbeitet er an einem Kinofilm, der kommendes Jahr gedreht werden soll.

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Ulrike Seifart

Ulrike Seifart

Projektleiterin Kommunikation

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