OFP | Akademische Qualifikationsarbeiten

Alltägliche Bilderbuchbetrachtungssituationen – eine videobasierte Analyse in Deutschschweizer Kindergärten

Didaktische Unterstützung der kindlichen Rezeptionsprozesse

In seinem Handbuch «Bilderbuchanalyse» nimmt Tobias Kurwinkel (2017) gleich zu Beginn Bezug auf das anfangs des neuen Jahrtausends formulierte, jedoch immer noch aktuelle Forschungsdesiderat nach einer kontinuierlichen, systematischen Theorieforschung zum Bilderbuch (S. 9). Das hier beschriebene Dissertationsprojekt knüpft an dieses Forschungsdesiderat an.

Das Erkenntnisinteresse der Dissertation liegt auf der Analyse der Rolle des Bilderbuches im Kindergarten sowie auf der Analyse von Interaktionssequenzen, in denen die Lehrperson mit den Kindern zusammen ein Bilderbuch betrachtet. In einem ersten Schritt soll die Bedeutung von Bilderbüchern in Deutschschweizer Kindergärten erforscht werden und welche Rolle sie im Kindergartenalltag einnehmen. In einem zweiten Schritt werden die Interaktionen zwischen der Lehrperson und den Kindern in diesen Sequenzen analysiert. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass sich ein lernendensensitives Unterstützungsverhalten von Seiten der Lehrperson (nach dem Konzept des Finetunings nach Bruner (1983), vgl. Abschnitt 2.1) positiv auf die kindliche Kompetenzentwicklung auswirkt. Es wird danach gefragt, wie die Interaktionen in Bilderbuchsequenzen lehrerseitig ausgestaltet werden und ob und inwiefern das Finetuning-Konzept nach Bruner (1983) dabei beobachtet werden kann.

Als Datengrundlage dient ein Teil des Datenkorpus des Nationalfondprojekts „ProSpiK – Prozesse der Sprachförderung im Kindergarten“, welches am Zentrum Lesen der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz in den Jahren 2012 bis 2015 durchgeführt worden ist und in dem die Autorin mitgearbeitet hat. Im Projekt wurden alltägliche Lehrpersonen-Kind-Interaktionen in acht verschiedenen Deutschschweizer Kindergärten videographiert, dokumentiert und sequenzanalytisch ausgewertet. Aus jedem Kindergarten existieren ca. 20h Videomaterial. Das Erkenntnisinteresse des Nationalfondprojekts fragte unter anderem danach, wie „schulnahe“, kommunikative Formen des Kindergartenalltags stattfinden und wie diese interaktiv hergestellt werden (Isler, 2016).

Das Dissertationsprojekt kann innerhalb der aktuellen Diskussion zur (Sprach-)Förderung im Vorschulbereich eingeordnet werden. Ausserdem liefert es Erkenntnisse zur Rolle des Bilderbuches im Kindergarten und der didaktischen Nutzung. Die Analyse der Daten basiert auf dem qualitativ-rekonstruktiven Verfahren der dokumentarischen Unterrichtsforschung nach Asbrand & Martens (2018, vgl. Abschnitt 3.2). Innerhalb des Forschungsprozesses werden aktuell die Videodaten durchgesehen und somit die nötigen Sequenzen für die Stichprobe ausgewählt (vgl. Abschnitt 3.2 und 3.3).

(Dissertationsprojekt von Gabriela Ineichen; Betreuung: Prof. Dr. Christine Pauli; Finanzierung: Interne Projektförderung  und OFP PHSZ)

Gabriela Ineichen

Gabriela Ineichen

Dozentin Allgemeine Didaktik

T +41 41 859 05 45

gabriela.ineichen@phsz.ch